MIELE

HONIG

Jeden Monat fliegt Irene nach Mexiko. Nicht wegen eines anderen Mannes, wie ihr Liebhaber vermutet, sondern um sich das Einschläferungsmittel Lamputal zu beschaffen. Denn unter dem Decknamen „Miele“ arbeitet Irene als heimliche Sterbehelferin. Sie ist von ihrer Mission überzeugt, erlöst sie doch todkranke Menschen von ihren Leiden. Aber die Tätigkeit in der Illegalität entfremdet Irene zunehmend ihrem sozialen Umfeld - Ablenkung verschaffen ihr allenfalls die Dates mit ihrem Liebhaber oder das Schwimmen im Meer. Und dann trifft sie eines Tages den Ingenieur Carlo Grimaldi. Der kerngesunde Siebzigjährige meint ganz einfach, genug gelebt zu haben. Er will nicht mehr. Irene stößt an die Grenzen ihrer mit guten Absichten untermauerten Prinzipien. Wer entscheidet, wer stirbt? Und wann?

Valeria Golino hat sich bislang als Schauspielerin einen großen Namen gemacht. Miele, ihr auf dem Festival von Cannes vielbeachtetes Regiedebut, überzeugt durch eine so beeindruckende wie sensibel erzählte Story: starkes Kino mit herausragenden schauspielerischen Leistungen. Nominiert für nicht weniger als sieben italienische Filmpreise „David di Donatello“.

Regie: Valeria Golino
Drehbuch: Francesca Marciano, Valeria Golino, Valia Santella, nach dem Roman A nome tuo di Mauro Covacich
Kamera: Gergely Poharnok
Schnitt: Giogiò Franchini
Ausstattung: Paolo Bonfini
Produktion: Riccardo Scamarcio, Viola Prestieri für Buena Onda
Darsteller: Jasmine Trinca (Miele), Carlo Cecchi (Carlo Grimaldi), Libero De Rienzo, Vinicio Marchioni, Iaia Forte, Roberto De Francesco, Barbara Ronchi

Italien 2013
96 Minuten, OmU

Cinema!Italia! Cinema!Italia!

Die Protagonistin „Miele“ ist eine ganz normale Frau, weder schön noch hässlich, einfach eine Frau unserer Zeit. Mit diesem Film war ich so frei, nicht Stellung zu beziehen. Es ist schwierig, sich in den verschiedenen Aspekten eines ethischen Problems zu bewegen, für das wir keine wirkliche Lösung kennen, das uns im Einzelfall zur Verzweiflung treibt. Bei der Arbeit am Film habe ich mich selbst sehr in Frage gestellt. Denn angesichts eines derartigen Themas erscheint es sogar oberflächlich, Erschütterung zu verlangen. Gleichzeitig geht es um komplexe Sachverhalte, bei denen es nicht gelingt, kühl und gleichgültig zu bleiben.
Valeria Golino

Cinema!Italia! Cinema!Italia!

Valeria Golino gibt mit Miele ihr Regiedebüt, eine echte Mutprobe, sowohl was die Thematik als auch die beachtlichen Schwierigkeiten in deren Darstellung betrifft. Die ebenso schöne wie schroffe Jasmine Trinca spielt die dreißigjährige Irene, genannt Miele, die Todkranken beim Sterben hilft. Der Film ist jedoch nicht im Bereich des sozialkritischen Kinos anzusiedeln, das den Zuschauer zu einem Pro oder Contra Sterbehilfe zwingen würde: Golino interessiert es vielmehr, die verborgenen Winkel der Psyche einer jungen Frau auszuleuchten, die wegen ihrer Mission als Begleiterin bei der Tötung auf Verlangen ihr eigenes Leben in einem Zustand der Beklemmung und Kälte verbringt. Der Zuschauer muss selbst auf die Fragen antworten, die der Film indirekt stellt: wie geht man mit dem Tabu der Sterbehilfe um? Wie kann eine so drastische Tat dem implizit lauernden Zynismus entgehen?
Valerio Caprara, Il Mattino

Das italienische Kino hat eine neue Regisseurin: Valeria Golinos Debüt ist nicht nur wegen der Wichtigkeit seines Themas (Sterbehilfe) hervorzuheben, sondern auch wegen seiner filmischen Qualitäten: ein fast minimalistisches Drehbuch, dessen erzählerische Spannung zu keinem Zeitpunkt nachlässt, eine nüchtern-solide Regie,  große darstellerische Bravour (eine hervorragende Jasmine Trinca und ein Carlo Cecchi in Bestform) und eine kluge Wahl von bewusst„anonymen“ Drehorten, die unterschwellig von einem kleinbürgerlichen Italien auf der verzweifelten Suche nach Werten erzählen.
Alberto Crespi, l'Unità

Valeria Golino (Neapel, 1966)  debütiert mit 16 Jahren als Schauspielerin in Lina Wertmullers Scherzo del destino (1983). Für ihre Rolle in Storia d’amore (1986) von Citto Maselli wird sie auf dem Filmfestival von Venedig ausgezeichnet. 1988 ist sie an der Seite von Dustin Hoffman und Tom Cruise in Barry Levinsons Rain Man zu sehen. In Amerika arbeitet sie auch mit Sean Penn und John Carpenter, in Italie u.a. mit Ferzan Özpetek, Giuseppe Piccioni, Gabriele Salvatores und Silvio Soldini. Ihr Regiedebüt gibt sie 2011 mit dem Kurzfilm Armandino e il Madre. Miele ist ihr erster abendfüllender Spielfilm.